Frauen & Technik: Neulich, beim TÜV

Nach keiner wahren Geschichte

Vor kurzem kam eine Bekannte zu mir.
„Duhu, mein Auto muß zum TÜV. Wie geht denn das?“
„Was, Du warst noch nie beim TÜV? Wie alt ist denn Dein Auto?“
„Mein Auto ist drei Jahre alt und heißt Sven.“
„Aha, na dann brauchst Du Dir ja keine Sorgen zu machen.“
„Und wie geht das jetzt?“
„Du fährst zum TÜV.“
„Wo ist der denn?“
„Ich such Dir die Adresse und Telefonnummer raus.“
Augenaufschlag: „Danke. Und wie mache ich das?“
„Du rufst an und läßt Dir einen Termin geben, um Dein Auto vorzuführen.“
„Und was mache ich dann?“
„Das sagt Dir schon der Prüfer.“
„Und wie teuer ist das?“
„Das kannst Du doch gleich fragen, wenn Du Dir einen Termin geben läßt.“
„Geht das nicht billiger?“
„Du weißt doch garnicht, wie teuer es wird.“
„Sollte ich nicht lieber den TÜV in der Werkstatt machen lassen?“
„Klar, wenn Du zuviel Geld hast.“
„Aber wenn nun etwas gemacht werden muß, dann können die das doch gleich erledigen.“
„Wie alt ist Dein Auto noch einmal?“
„Mein Auto heißt Sven und ist drei Jahre alt.“
„Und was bitteschön, soll an einem drei Jahre alten Auto defekt sein?“
„Weiß ich doch nicht.“
„Ist Dir denn irgendetwas aufgefallen, was nicht funktioniert?“
„Nein, aber kann doch trotzdem sein.“
„Naja, die einfachen Sachen, wie Beleuchtung kannst Du ja selbst prüfen.“
„Wie denn, ich sitze doch im Auto?“
Dazu fiel mir, selbst beim Besten Willen, keine Antwort ein.
Sie ließ nicht locker: „Und was machen die so beim TÜV?“
„Zuerst fährst Du zur Beleuchtungs- und Bremskontrolle.“
„Ich will aber nicht fahren, können die das nicht machen?“
„Wenn Du freundlich fragst, wird Dir sicherlich jemand helfen.“
„Und wenn nicht?“
„Dann mußt Du nur das tun, was der Prüfer zu Dir sagt.“
„Was denn?“
„Na, Licht einschalten und so weiter.“

Meine Gedanken schweifen ab. Ich sehe meine Bekannte mit ihrem Sven beim TÜV vorfahren.
Der Prüfer ist ein gestandener Mann, kompetent bis in die Haarspitzen. Er zieht seit Jahrzehnten
marode Vehikel aus dem Verkehr. Er hat schon viel erlebt und noch mehr gesehen.

Ihn kann nichts mehr erschüttern …

Bis heute!


Prüfer: „Bitte das Abblendlicht einschalten!“
Scheibenwischer gehen an.
„Licht bitte, nicht den Scheibenwischer!“
Scheibenwischer auf Stufe zwei.
„Licht bitte!“
HUUUUP !
Der Prüfer macht einen Haken beim Prüfpunkt Signalhorn.
„Können Sie jetzt bitte das Abblendlicht einschalten?“
Licht geht an.
„Jetzt bitte Fernlicht!“
Die Scheibenwasch-Automatik reinigt die Frontscheibe.
„Fernlicht bitte!“
Scheibenwischer aus, Nebelleuchten an.
„Das Fernlicht bitte!“
Nebelleuchten und Fernlicht an.
„Danke, jetzt bitte Blinker rechts!“
Scheibenwischer wieder an.
„tschuldigung.“
Blinker links an.
„Und jetzt bitte Blinker links!“
Rechter Blinker an.
„Warnblinklicht!“
Gebläse Stufe drei.
„Warnblinker bitte!“
Alle Lichter aus, Warnblinker an.
Der Prüfer geht zum Heck von Sven.
„Bitte Abblendlicht einschalten!“
Heckscheibenwischer an.
„Abblendlicht bitte!“
Licht an, kurzes Hupen.
„Danke, jetzt bitte rechts blinken!“
Heckscheibenwischer an.
„Bitte rechts blinken!“
Rechter (!) Blinker an.
„Danke, jetzt links!“
„Was denn links?“
„Blinken!“
Rechter Blinker an.
„Links bitte!“
„Hab’ ich doch.“
„Andere Seite!“
HUUUUUP !
„Bitte links blinken!“
Linker Blinker an.
„Warnblinker bitte!“
Warnblinker an, der Prüfer atmet tief durch.

Er geht wieder nach vorne und stellt sich vor die Motorhaube.
„Bitte öffnen Sie Motorhaube!“
„Wie bitte?“
„Die Motorhaube bitte entriegeln!“
„Wie denn?“
„Da ist ein kleiner Hebel, den bitte ziehen!“
„Ach so.“
Tankdeckel schwingt auf.
„Den anderen Hebel!“
Die Heckklappe wird geöffnet.
„Sie müssen den anderen Hebel ziehen!“
„Da ist keiner mehr.“
„Vorne im Fußraum!“
„Aua, mein Fingernagel.“
Motorhaube wird entriegelt.
Der Prüfer öffnet die Motorhaube und will sie mit dem Halter arretieren.
HUUUUUP !
Der Prüfer wird beinahe von der Motorhaube erschlagen und stößt sich heftig den Kopf.
„Entschuldigung.“
Der Prüfer schließt die Motorhaube wieder und kommt an die Fahrertür.
„Steigen Sie bitte aus!“
„Aber ich habe mich doch entschuldigt.“
„Ich möchte den Wagen zum Bremstest fahren, also steigen Sie bitte aus!“
Prüfer schwingt sich in Sven, startet den Motor und fährt zum Bremstest.
Sie bleibt irritiert stehen.
Hinterradbremstest. Sie steht noch immer wie angewurzelt. Der Prüfer beugt sich aus dem Fenster.
„Sie können schon einmal durch den Gang in die andere Halle gehen, ich komme da gleich hin!“
„Bin ich schon fertig?“
„Nein, er muß noch auf die Bühne und ASU fehlt auch noch!“
„Wohin soll ich gehen?“
„Da durch die Tür, den Gang geradeaus in die andere Halle am Ende des Ganges, ich komme gleich dahin!“
„Und mein Auto?“
„Damit fahre ich in die andere Halle!“
Sie geht durch den Gang in die andere Halle und stellt sich auf den freien Platz. Der Prüfer kann durch eine Vollbremsung gerade noch verhindern, daß er sie auf dem Weg zur Bühne überfährt.
Sie springt erschrocken zur Seite und hält sich an den Betätigungsknöpfen der benachbarten Hebebühne fest,
die sich sogleich auf den anderen Prüfer und den Fahrer des gerade geprüften Autos herab senkt. Nur durch den beherzten Sprung des Prüfers von Sven zum Not-Aus-Knopf wird schlimmeres verhindert.
Mit leichtem Kopfschütteln klettern die beiden Männer unter der benachbarten Bühne hervor und setzen
die Prüfung fort.
Unser Prüfer ist immer noch blass, als er Sven auf die freie Bühne fährt. Er steigt aus und läßt Sven hochfahren. Mit einer Lampe und dem Prüfbogen verschwindet der Prüfer unter Sven. Die Prüfung der Vorderradaufhängung mittels der pneumatischen Rütteleinrichtung wird abrupt durch einen markerschütternden Schrei gestoppt.
„Was tun Sie da? Sie machen mein Auto ja kaputt! Unterlassen Sie das gefälligst!“
Irritierte Blicke der beiden Prüfer und des Herrn vom Auto nebenan.
„Aber ich muß doch die Achse prüfen und das ist die dafür vorgesehene Einrichtung!“
„Aber das sieht gefährlich aus.“
„Frollein, wenn Sie das nicht sehen können, gehen Sie doch in die Wartehalle und trinken einen Kaffee!“
„Und Sie reißen hier an meinem Sven herum, wie?“
„Ich mache hier nur meinen Job!“
„Ich bleibe.“
„Gut aber ich muß jetzt die Vorderachse prüfen!“
„Seien Sie bitte vorsichtig!“
Nachdem auch diese Prüfung bestanden ist, wird Sven wieder auf seine Räder gestellt.
„Jetzt fahren Sie bitte hier heraus, dann rechts um die Halle zur ASU!“
„Wohin?“
„Zur ASU!“
„Links?“
„Nein, rechts herum bitte!“
„Nicht links?“
Der Prüfer geht kopfschüttelnd zur ASU-Halle.
Sie steigt in Sven ein und dreht den Zündschlüssel herum. Diesel haben bauartbedingt einen kräftigen Anlasser,
der ein Auto mit eingelegtem Gang zwar ruckelig, aber immerhin vorwärts bewegen kann.
Zum Glück ging der Prüfer seitlich versetzt und das Tor war bereits hochgefahren …
Sie tritt mit errötendem Gesicht die Kupplung und läßt Sven an.
Nachdem der Dieselmotor drehzahlmäßig wieder unter die kritische Marke gefallen war, hupte sie kurz,
ließ das Beifahrerfenster hinunter und fragte den Prüfer: „Wohin noch mal? Links?“
„Rechts um die Halle zur ASU, an der Halle steht ein großes Schild ,ASU-Prüfung hier’ darauf. Sie werden es schon finden. Ich warte dort auf Sie!“
Ich bewunderte aufrichtig die Geduld dieses Mannes, allerdings fing eine Ader an seiner Schläfe an zu pulsieren.

Meine Bekannte schaffte es tatsächlich, sich auf dem weiteren Weg nur noch einmal zu verfahren (sie landete erneut in der Halle für die Beleuchtungs- und Bremsprüfung) um schließlich vor der ASU-Halle zum Stehen zu kommen.
„Lassen Sie den Motor bitte an, damit er warm wird!“
Vollgas im Leerlauf.
„Es reicht, wenn Sie ihn einfach im Standgas laufen lassen!“ schreit der Prüfer gegen Sven im roten Drehzahlbereich an.
„WAS?“
„S-T-A-N-D-G-A-S !“
Sven beruhigt sich wieder.
„So, bitte vorfahren, Motor anlassen.“
„Wieso, der Motor ist doch an?!?“
„Fahren Sie bitte vor …!“
Unter einem aus technischer Sicht extrem ungünstigen Verhältnis von Drehzahl zu Geschwindigkeit bedingt durch die schleifende Kupplung bewegt sich Sven langsam in die angewiesenen Position. Sie stellt den Motor aus.
„Ich bat Sie doch, den Motor laufen zu lassen!“
„tschuldigung …“
Sie startete und ließ den Motor aufheulen. Nachdem Sven sich wieder beruhigt hatte, tat der Prüfer,
was der Job von ihm verlangte.
Sie stand mit einer anteiligen Mischung aus Neugier, Furcht und Argwohn daneben. Gerade überwog der Argwohn-Neugieranteil und sie drückte zeitgleich mit der Frage: „Was ist das denn für ein Knopf?“ auf den Reset-Knopf des Prüfgerätes. Der Prüfer wurde jetzt doch etwas blass, denn die Prüfung war fast beendet. Jetzt mußte er noch einmal von vorne beginnen. Ihm war anzusehen, daß aufsteigende Mordlust seine Gesichtszüge formten.

Schließlich gelang aber auch diese Prüfung und Sven bekam seine Plaketten.

Über das weitere Schicksal des Prüfers ist nichts bekannt, zuletzt soll er sich aus der Karibik gemeldet haben.

Sven dieselt derweil weiter durch die Lande, am Steuer meine Bekannte, die immer links hupt, wenn rechts die Scheibe beschlagen ist, auf dem Weg zu neuen Abenteuern.

Thomas Reinhold 06.06.2007

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